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Dr. Harnisch-Haus: Das Bild der stationären Pflege in der Öffentlichkeit verbessern...

Zu meinem Termin im  Dr. Harnisch-Haus werde ich von einem freundlichen jungen Mann empfangen, der routiniert die Corona-Testung durchführt. Dann gehe ich, vorbei an einer Pinnwand mit Ergebnisse aus einem Zukunft-Workshop, in den Garten, der sich in dieser dicht bebauten Gegend so unerwartet auftut. Einige Bewohner betrachten, in Begleitung von Pflegekräften, die Fortschritte des Salatwachstums an den Hochbeeten. Neben mir wird mit viel Engagement und Heiterkeit vom Personal an einem langen Tisch das kommende Sommerfest geplant…Nach den 15 Minuten Wartezeit auf das Testergebnis sitzen bei mir am Tisch: Frau Hartman, Frau Meyer und Frau Wilhelm…

 

Was ist Ihr Angebot im Bezirk?

Unser Pflegeheim bietet Platz für 182 Bewohnende, darunter eine Kurzzeitpflege mit 16 Plätzen und ein gerontopsychiatrischer Wohnbereich mit 28 Plätzen. Auf der Demenzstation werden Menschen mit mittelgradigen bis schweren dementiellen Erkrankungen betreut, die einen auffälligen Wert auf der Coen-Mansfield-Scala (Bemessung von agitiertem/ herausforderndem Verhalten) aufweisen. In diesem geschützten Bereich ist auch Verhinderungspflege möglich. Für alle Bewohner*innen bieten wir hausintern Musiktherapie und Ergotherapie an; die Physiotherapie ist in Planung. Als intergenerative Angebote organisieren wir Brieffreundschaften mit der Liebig-Schule und, vor Corona, gemeinsame Stunden mit den Kindern aus dem benachbarten Kindergarten.

 

Was gab es im Verlauf der Pandemie an Besonderheiten in Ihrer Einrichtung?

Die Kurzzeitpflege wurde zeitweise reserviert für Corona-positive Senior:innen. Da kamen viele positive Rückmeldungen zur Qualität der Pflege. Wir hatten aber niemals eine volle Auslastung. Meist waren nur die Hälfte der Plätze belegt. Hier wünschen wir uns künftig in ähnlichen Situationen mehr Unterstützung, auch durch den Senat.  Die Maßnahme kam spät, erst in der Mitte der zweiten Welle und war vielleicht auch nicht klar genug kommuniziert. Generell hatten wir unter Bewohnenden keine deutliche Übersterblichkeit oder schwere Verläufe mit Hospitalisierung und Beatmung. Kurz nachdem bei unseren Bewohner*innen die zweite Impfung durch war, gab es einen erneuten Ausbruch mit ausschließlich leichten Verläufen. Angehörige hatten, außer während der akuten Erkrankungswellen im Haus, immer Zutritt und wir haben für die Bewohner*innen schöne Aktionen durchgeführt, wie das Erdbeerfest mit Smoothies, Erdbeerkuchen etc. sowie Garten- und Balkonkonzerte. Als sehr positiv haben wir in der Zeit erlebt: Die kompetente und engagierte Versorgung unserer Bewohner*innen durch unseren langjährigen Hausarzt, die Unterstützung der Bundeswehr und den guten Teamgeist, mit dem wir die Herausforderungen gut gemeistert haben. 

 

Warum engagiert sich Ihre Einrichtung im GGV?

Wir sind im GGV aktiv, um dazu beizutragen, die Pflegesituation für alle Seiten zu verbessern. Denn es kann nicht sein, dass die Pfegekräfte alles geben, aber die strukturellen Bedingungen nicht stimmen. Nehmen Sie beispielsweise die Kurzzeitpflege: Wir haben ein gutes Team für die Kurzzeitpflege, die viel Expertise in der Pflege von Menschen nach einer Hospitalisierung oder Sturzereignissen haben. Nach realistischen Berechnungen reicht die jährliche Summe für die KZP aber nur für ca. 10 Tage Pflege, eventuell noch begrenzt verlängert durch Mittel aus der Verhinderungspflege. Was ist aber, wenn die Menschen nach dieser Zeit nicht nach Hause können? Dann wird damit gespielt, dass kein verantwortungsvolles Heim diese Menschen auf die Straße setzt. Und wir erleben dann teilweise, dass wir auf diesen Kosten sitzen bleiben. Dies führt dazu, dass immer weniger Häuser im Bezirk die Kurzzeitpflege anbieten. Hier wünschen wir uns für diese Fälle, neben den großen Strukturveränderungen, eine gute Zusammenarbeit mit dem BA und eine gemeinsame Lösungssuche. Sonst könnte es kritisch werden für die Kurzzeitpflege im Bezirk. (Lesen Sie hierzu auch die Einschätzung der Deutschen Stiftung Patientenschutz und einer Pflegeberaterin der Berliner AWO hier in unserem Blog).

 

Was wünschen Sie sich für die Versorgungslandschaft im Bezirk?

Für die Versorgungslandschaft im Bezirk wünschen wir uns, dass es genügend gute stationäre Pflegeplätze gibt und diese auch entsprechend den Bedürfnissen der Senior*innen fachlich sinnvoll und vorurteilsfrei vermittelt werden. Ambulant vor stationär mag ein eingängiger Slogan sein, ist aber nicht immer hilfreich. Wir haben hier schon viele Menschen aufblühen sehen, die zu Hause nicht mehr gut versorgt waren. Der Sloagan stärkt  das negative Image der stationären Pflege, das zusätzlich noch von den Berichterstattungen in der Presse verstärkt wird. Ein Journalist hat uns mal wörtlich gesagt: Positive Geschichten über die Pflege interessieren niemanden. Aber auch die Wertschätzung und Unterstützung von Seiten der Politik fehlt uns. Hier Verbesserungen erzielen, das sehen wir als Aufgabe des GGV.

 

Frau Hartmann, Sie sind die  Vertreterin Ihrer Einrichtung im GGV- Einige kurze Fragen um Sie ein bisschen persönlich kennenzulernen. Sie haben die Wahl!

Hund oder Katze?

Fahrrad oder Auto?

Palast oder Laube?

Fleisch  oder Vegan?

Vielen Dank!

 

 

Das sagen andere Expert*innen zur Situation der Kurzzeitpflege:

Eugen Byrsch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, bestätigt das Schwinden der Kurzzeitpflege-Angebote: "Nicht einmal jedes zehnte Pflegeheim bietet überhaupt noch Kurzzeitpflege an." Für die meisten Anbieter sei es schlichtweg nicht lukrativ, solche Plätze vorzuhalten. Der Experte fordert deshalb einen Rechtsanspruch auf einen Kurzzeitpflegeplatz.

Gudula Wolf, Pflegeberaterin bei der AWO Berlin zu diesem Thema: 1.612 Euro pro Jahr werden mit Pflegegrad 2-5 für die Kurzzeitpflege übernommen. "Diese Leistungen reichen allenfalls für etwa zwei Wochen" 

Quelle: Apotheken-Umschau

 

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